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Neurodermitis (Atopisches Ekzem / Dermatitis)

Neurodermitis, auch atopisches Ekzem oder atopische Dermatitis genannt, ist eine chronische, auf erbliche Veranlagung und verschiedene Auslösefaktoren zurückzuführende Hautkrankheit. Sie äußert sich durch starken Juckreiz und Hautveränderungen.

Neurodermitis: Krankheit mit vielen Gesichtern

IIn den Industrieländern leiden etwa 2-10 Prozent der Bevölkerung an Neurodermitis, Kinder sind mit 12-15 Prozent häufiger betroffen als Erwachsene. Allerdings verlieren sich bei etwa 70 Prozent aller betroffenen Kinder die Hautveränderungen bis zum Erwachsenenalter. Die Erkrankung zeichnet sich durch einen häufig schubweisen Verlauf aus. Zu den Symptomen zählen typische Hautveränderungen wie Rötung und/oder Schuppung in Verbindung mit zum Teil starkem Juckreiz. Die Ursachen der Neurodermitis sind weitgehend ungeklärt und die auslösenden Faktoren individuell sehr unterschiedlich. Eine erbliche Komponente gilt inzwischen jedoch als gesichert, familiäre Häufungen sind zu beobachten. Während manche auf psychische Anspannungen, Klimawechsel oder ungewohnte Kleidung reagieren, rufen bei anderen Hausstaubmilben, bestimmte Lebensmittel oder Zigarettenrauch Luft die Symptome hervor.

Keine allgemeingültige Neurodermitis-Diät

Bei etwa 20 Prozent der an Neurodermitis Erkrankten spielen Unverträglichkeitsreaktionen auf Lebensmittel oder Lebensmittelbestandteile eine Rolle. Dabei kann es sich um echte, immunologisch bedingte Lebensmittelallergien handeln oder um Lebensmittelintoleranzen, bei denen das Immunsystem nicht beteiligt ist. Ein Unterschied kann sein, dass bei einer Lebensmittelallergie in der Regel bereits kleinste Mengen des Allergens Symptome auslösen, wohingegen die Schwere der Reaktion bei Lebensmittelintoleranzen meist mit zunehmender Verzehrsmenge steigt. Neben sichtbaren (Rötung) und fühlbaren (Juckreiz) Symptomen an der Haut, können sich Lebensmittelunverträglichkeiten auch durch Reaktionen im Verdauungstrakt oder an den Atemwegen äußern. Welche Lebensmittel Probleme bereiten, ist individuell unterschiedlich. Zu den Nahrungsmitteln, die Neurodermitis bei Kindern fördern, zählen v.a. Kuhmilch, Soja, Weizen, Haselnuss, Erdnuss und Fisch. Erwachsene sind hingegen auf Grundnahrungsmittel nur selten allergisch. Hier stehen pollen-assoziierte Allergene wie in Obst, Gemüse oder Nüssen im Vordergrund. Auch der Pollenflug selbst kann bei sensiblen Personen bereits eine Hautreaktion auslösen.
Mit Hilfe einer allergenarmen Suchkost und verschiedenen Testverfahren können allergologische und/oder ernährungswissenschaftliche Fachkräfte die problematischen Produkte herausfinden. Sind bestimmte Lebensmittel bzw. ihre Bestandteile als unverträglich erkannt, sollte eine individuelle Diät erarbeitet werden. Eine für jeden gültige Neurodermitis-Diät kann es nicht geben.

Unverträgliche Lebensmittel herausfinden

Die Diagnose sollte mit Hilfe einer allergologischen und/oder ernährungswissenschaftlichen Fachkraft durchgeführt werden. Die Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass es eine Reihe von Lebensmitteln gibt, die häufiger als andere allergische Reaktionen der Haut auslösen. Ein hohes allergenes Potenzial haben Kuhmilch und Kuhmilchprodukte, Hühnerei, Fisch (auch Krustentiere, Muscheln) sowie Nüsse (Haselnuss, Walnuss, Paranuss, Erdnuss). Auch Soja, Weizen sowie scharfe Gewürze bereiten öfter Beschwerden. Bestimmte Obst- und Gemüsearten wie Kern- und Steinobst, z. B. saure Apfelsorten, Kirsche, Nektarine, Pfirsich sowie Kiwi, Papaya und Mango, Karotte oder Sellerie werden ebenfalls oft nicht vertragen.
Teilweise reagieren Neurodermitiker auch auf Lebensmittelzusatzstoffe, wie Farbstoffe, Konservierungsstoffe oder Antioxidantien, sowie auf biogene Amine. Biogene Amine sind Proteinabbauprodukte, die in größeren Mengen vor allem in mikrobiell erzeugten Lebensmitteln wie Sauerkraut, reifem Käse oder Hefeextrakt und in mikrobiell leicht verderblichen Lebensmitteln (z. B. Fleisch, Fisch, Wurst) vorkommen. Dazu zählen z. B. Histamin, Tyramin und Serotonin.
Darüber hinaus können auch Alkohol, Kaffee und schwarzer Tee eine verstärkende Wirkung haben. Sie können z. B. die Aufnahme von Allergenen oder biogenen Aminen erleichtern oder den Histaminabbau im Körper hemmen. Weitere möglicherweise für Neurodermitiker unverträgliche Lebensmittel sind säurereiche Lebensmittel wie Obst mit hohem Gehalt an Fruchtsäuren oder mit viel Essig zubereitete Speisen.
Die aufgeführten Lebensmittel bzw. Lebensmittelbestandteile können, müssen aber nicht zu Beschwerden führen. Eventuell reagieren Sie nur auf einige der genannten Lebensmittel oder auf andere, die nicht aufgeführt sind. Die Auflistung hilft aber bei der Suche nach Lebensmitteln, die Ihnen persönlich Probleme bereiten. Es ist für die Diagnose sehr hilfreich, für eine gewisse Zeit ein Symptom-Tagebuch zu führen. Hier werden die verzehrten Lebensmittel sowie auftretende Symptome vermerkt.

Neurodermitis: Ernährungsumstellung kann helfen

Um eine individuell verträgliche Ernährung zu erarbeiten, hat sich folgendes Vorgehen bewährt:

Erster Schritt: Stellen Sie mit Hilfe einer allergologischen und/oder ernährungswissenschaftlichen Fachkraft Ihre Ernährung in Richtung einer allergen- und reizstoffarmen Kost um. Dafür wählen Sie Ihre Lebensmittel und Getränke aus der
Liste der erfahrungsgemäß selten unverträglichen Lebensmittel(s. Kasten) aus.

Selten unverträgliche Lebensmittel

Getreide Dinkel, Roggen, Hafer, Gerste, Kamut, Reis, Mais, Hirse, Buchweizen, Amaranth, Quinoa
Gemüse Blattsalate, Blumenkohl, Bohnen, Brokkoli, Erbse, Kartoffel, Kohlrabi, Lauch, Linsen, Mangold, gelbe Paprika, Pilze, Rosenkohl, Rotkohl, Spargel, Weißkohl, Wirsing, Zucchini
Obst süße Apfelsorten, Banane, Birne, Heidelbeere, Mango, Wassermelone, Weintraube
Fleisch Rind, Pute, Huhn, Kalb, Kaninchen, Lamm, Wild
Fisch eventuell Hochseefisch
Milchprodukte eventuell Ziegen-, Schaf- oder Stutenmilch
Fette/Öle Sauerrahmbutter, kaltgepresstes, natives Öl, ungehärtetes Kokos- oder Palmkernfett
Getränke Mineralwasser, Kräutertees (1-Blatt-Sorten), Getreidekaffee
Sonstiges Meersalz, Sauerteig, Sesam, Mandeln, Kokosnuss, Sonnenblumenkerne

Lebensmittel, die häufiger Unverträglichkeitsreaktionen auslösen, streichen Sie von Ihrem Einkaufszettel. Meiden Sie in dieser Phase auch Fertig- und Halbfertigprodukte, da sie in der Regel reichlich Zusatzstoffe enthalten und teilweise nicht alle Zutaten ausreichend gekennzeichnet sind. Selbstverständlich sollten Sie auch Ihnen bereits bekannte persönliche Unverträglichkeiten berücksichtigen. Bevorzugen Sie generell naturbelassene, gering verarbeitete Lebensmittel wie frisches Obst und Gemüse, Kartoffeln als Pellkartoffeln, Vollkorngetreide in Form von Vollkornbrot, Vollkornnudeln oder gekocht als Beilage. Lassen Sie sich Zeit, um sich an die neuen Geschmackserlebnisse zu gewöhnen. Häufig beruhigen sich die Hautsymptome durch die gezielt allergen- und reizstoffarme Kost recht schnell und es geht Ihnen besser.
Zweiter Schritt: Wenn Sie den Verdacht haben, noch auf das eine oder andere Lebensmittel unverträglich zu reagieren, folgt die Überlegung, ob Sie Ihr jetziges Ernährungsprogramm im Sinne einer besseren Überschaubarkeit noch weiter auf 15-20 Lebensmittel reduzieren sollten. In jedem Fall halten Sie die gewählte Lebensmittelauswahl für einen Zeitraum von etwa 3 Monaten ein. So gönnen Sie Ihrem Körper eine Ruhepause, in der er sich nicht mit reizenden Lebensmitteln bzw. -bestandteilen auseinander setzen muss.
Dritter Schritt: Stocken Sie anschließend Ihren Speiseplan nach und nach wieder auf, in dem Sie in etwa dreitägigem Abstand neue Lebensmittel ergänzen. So können Sie gut beobachten, bei welchen Produkten Unverträglichkeiten auftreten.
Ziel ist, eine auf Sie abgestimmte Diät zu erarbeiten, die Sie langfristig durchführen können. Das Essen sollte Ihnen Spaß machen, abwechslungsreich und schmackhaft sein und Sie optimal mit allen notwendigen Nährstoffen versorgen. Sie sollten nicht mehr jedes Mal darüber nachdenken müssen, ob die Hautreaktion, die Sie gerade erleben, in Zusammenhang mit Ihrer letzten Mahlzeit zu sehen ist.

Auslassdiäten – unnötiger Verzicht?

Entgegen früherer Empfehlungen, Lebensmittel oder ganze Lebensmittelklassen komplett vom Speiseplan zu streichen, kann ein Verzehr in geringen Mengen unterstützend für die noch vorhandene Toleranz des Körpers sein. Diese kann durch längeren Verzicht gänzlich verschwinden. Vor allem ohne sichere Diagnose ist kompletter Verzicht also nicht zu empfehlen. Es ergeben sich zudem, insbesondere bei Kindern kritisch zu betrachten, Risiken für eine Fehl- oder Mangelernährung. Auch deshalb ist die Abstimmung mit einer Ernährungsfachkraft wichtig, um einer Fehl- oder Mangelernährung vorzubeugen. Auch bei Säuglingen mit einem erhöhten Allergierisiko aufgrund erkrankter Eltern oder Geschwister sollten mit der Einführung der Beikost nicht auf möglicherweise allergene Lebensmittel verzichtet werden.

Über den Tellerrand schauen

In der Behandlung Ihrer Erkrankung sollten Sie sich nicht nur auf Ihre Ernährung und die Therapie von Hautsymptomen mit Salben und Cremes konzentrieren. Auch für einige oft empfohlene Nahrungsergänzungsmittel wie z.B. Nachtkerzenöl, Vitamin E und Zink ist die Datenlage noch immer unzureichend. Möglicherweise beugen Prä- und Probiotika der Entstehung einer Neurodermitis vor. Erfolgversprechend sind Behandlungskonzepte, die alle krankheitsauslösenden Faktoren einbeziehen. Es gibt einige ganzheitlich arbeitende Therapieeinrichtungen, die sowohl die individuelle Persönlichkeit und Entspannungstraining als auch pädagogische und soziologische Maßnahmen berücksichtigen.

Weitere Informationen

Deutscher Allergie- und Asthmabund www.daab.de/haut/neurodermitis

Bundesverband Neurodermitis e. V. www.neurodermitis.net

Deutscher Neurodermitisbund e. V. www.dnb-ev.de

Allergieinformationsdienst www.allergieinformationsdienst.de

Stand 2021